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4. Wohnen mit und ohne Unterstützungsbedarf in der eigener Häuslichkeit

Für die Beschreibung und Bewertung der Lebensumstände von Senioren sind die Wohnverhältnisse und das Wohnumfeld von zentraler Bedeutung. Dies ist einleuchtend, wenn man bedenkt, dass die in der Wohnung verbrachte Zeit mit zunehmendem Alter kontinuierlich ansteigt. Die Wohnung wird im Alter zum Aufenthaltsort schlechthin und damit zum wichtigsten „Wahrnehmungs-, Handlungs- und Gefühlsraum“.7 Hier ist der Ort für Sicherheit, Geborgenheit und Regeneration, von dem aus man die Umwelt erlebt und eigene Aktivitäten entfaltet. Wohnen und Wohnumfeld sind die wesentlichen Umweltfaktoren, mit denen ein gelingendes Altern in enger Wechselwirkung steht.8

Ältere Menschen möchten so lange wie möglich selbständig in ihrer Wohnung leben. Einen eigenen Haushalt zu führen wird als entscheidende Voraussetzung dafür gesehen, dass ein selbstbestimmtes Leben nach individuellen Vorstellungen möglich ist. Selbständiges, privates Wohnen wird auch dann bevorzugt, wenn gesundheitliche oder sonstige altersbedingte Beeinträchtigungen bis hin zu umfassender Hilfe- und Pflegebedürftigkeit gegeben sind. So überrascht es nicht, dass derzeit fast 96 Prozent aller Menschen im Alter über 65 Jahren in Deutschland in einem privaten Haushalt leben. Auch in der Altersgruppe über 80 Jahren liegt der Anteil noch über 80 Prozent. Das Deutsche Zentrum für Altersfragen geht deshalb davon aus, dass 2/3 aller Menschen in einem Privathaushalt alt werden.9

Wird Pflege und Unterstützung benötigt, sind dies zu Beginn meist punktuelle Hilfen im Haushalt. Diese werden häufig von der Familie, anderen Verwandten oder Freunden erbracht. Als Reaktion auf den wachsenden Bedarf an Dienstleistungen rund um Haushalt und Wohnen haben Kommunen und Kirchen Nachbarschaftshilfen gegründet sowie Wohlfahrtsverbände und private gewerbliche Anbieter sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen in ihr Angebots-spektrum aufgenommen. Weitere Formen allgemeiner Unterstützungsdienste sind der Hausnotruf und Mahlzeitendienste wie zum Beispiel das „Essen auf Rädern“. Beides wird sowohl von Wohlfahrtsverbänden als auch privatgewerblich angeboten.

Wenn ältere Menschen pflegebedürftig werden, findet die Pflege zu Beginn meist zu Hause statt. Häusliche Pflege, die von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn ohne professionelle Hilfe erbracht wird, ist die häufigste Unterstützungsform für pflegebedürftige Menschen. Aktuell werden rund 52 Prozent aller Pflegebedürftigen im Landkreis Tuttlingen privat gepflegt und erhalten dafür Pflegegeld von der Pflegeversicherung. Allerdings werden die familiären Hilfe- und Unterstützungsnetze aufgrund der verschiedenen Ausprägungen des gesellschaftlichen Wandels (u.a. Singularisierungstendenzen mit sinkenden Eheschließungs- und steigenden Scheidungszahlen, Trend zu wachsenden Entfernungen zwischen Eltern- und Kinder-haushalten, Rückgang der durchschnittlichen Kinderzahl) voraussichtlich geringer werden. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an Pflege- und Unterstützungsleistungen zu. Der Ausbau außerfamiliärer informeller Hilfe- und Unterstützungssysteme, z.B. in Form von Nachbarschaftshilfe gewinnt daher ebenso wie professionelle Pflege- und Unterstützungs-leistungen an Bedeutung. In der häuslichen Pflege ist die Überforderung der Betreuungs-personen nicht selten, woraus u.a. unzureichende Versorgungssituationen resultieren können. Daher sind neben der Sensibilisierung für diese Problematik auch geeignete Unterstützungs-angebote wie beispielsweise die aufsuchende Beratung, Pflegekurse, Entlastungsangebote für pflegende Angehörige unverzichtbar.

Für die Gemeinden und den Landkreis bedeutet dies in Hinsicht auf die kommunale Daseinsversorgung ein Vorhalten und Sicherstellen einer differenzierten Versorgungsstruktur.


7 Saup, Winfried, 1999: Alte Menschen in ihrer Wohnung: Sichtweisen der ökologischen Psychologie und Gerontologie, in: Wahl, Hans-Werner/Mollenkopf, Heidrun/Oswald, Frank: Alte Menschen in ihrer Umwelt. Heidelberg, S. 44.

8 Saup, Winfried, 1999: Alte Menschen in ihrer Wohnung: Sichtweisen der ökologischen Psychologie und Gerontologie, in: Wahl, Hans-Werner/Mollenkopf, Heidrun/Oswald, Frank: Alte Menschen in ihrer Umwelt. Heidelberg, S. 49.

9 DZA-Report: Altersdaten 3/2013: Lebensformen und Paarbeziehungen älterer Menschen.

4.1 Pflegeberatung

4.2   Wohnung und Wohnumfeld

4.2.1 Wohnen ohne Barrieren

4.2.2 Technikunterstützung in Wohnung und Wohnumfeld

4.3 Entlastungsangebote für Angehörige

4.3.1 Betreutes Wohnen zu Hause

4.3.2 Tagespflege

4.3.3 Kurzzeitpflege

4.3.4 Nachtpflege

4.4 Organisierte Nachbarschaftshilfe - Ehrenamt

4.5 Ambulante Pflegedienste

4.6 Qualitätsgesicherte häusliche Tagespflege

4.7 Unterstützung durch ausländische Haushaltshilfen

Handlungsempfehlungen