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4.7 Unterstützung durch ausländische Haushaltshilfen

Um die häusliche Versorgung in Folge eines gestiegenen Betreuungsaufwandes des Pflegebedürftigen gewährleisten zu können, greifen Angehörige häufig auf ausländische Haushaltshilfen zurück. Diese werden mit Versorgungs- und Betreuungsaufgaben betraut, werden, die von den Angehörigen selbst aufgrund der räumlichen Distanz oder eigener Erwerbstätigkeit nicht getragen werden können.17 Familien, die ausländische Haushaltshilfen einstellen, sehen in dieser oftmals die einzige Alternative zur vollstationären Betreuung und die Gewährleistung einer ständigen Unterstützung und Beaufsichtigung des Pflegebedürftigen. Die Versorgung durch eine Haushaltshilfe ist außerdem finanziell günstiger als ein Aufenthalt im Pflegeheim.18 Häufig wird für die Behandlungspflege zusätzlich ein ambulanter Dienst in Anspruch genommen.

Die Aufgaben einer ausländischen Hilfskraft sind klar umrissen: Tätigkeiten der hauswirt-schaftlichen Versorgung (z.B. kochen, putzen, einkaufen), der sozialen Betreuung
(z.B. spazieren gehen, sich unterhalten, sofern ausreichende Sprachkenntnisse zur Verfügung stehen, Begleitung zu Ärzten oder Behörden) sowie einfache grundpflegerische Hilfen
(Hilfe beim Anziehen, bei Toilettengängen, Waschen) sind erlaubt.

Typisch für den Einsatz ausländischer Haushaltshilfen ist der Wechsel eines längerfristigen Arbeitsaufenthalts in Deutschland mit dem eines unbezahlten Aufenthalts im Herkunftsland. Der ständige Aufenthalt im Arbeitgeberhaushalt birgt verschiedene Gefahren: Zum Einen besteht die Gefahr einer Entgrenzung der Arbeitszeit und dadurch einer Ausbeutung ihrer Arbeitskraft und zum Anderen die Gefahr der Übernahme von Leistungen, die häufig nicht ihrer Qualifikation entsprechen. Dies sind vor allem Tätigkeiten, die der Behandlungspflege zugeordnet sind und von ausgebildeten Fachkräften übernommen werden müssen (z.B. das Wechseln von Verbänden oder die Medikamentengabe). Der Übergang zwischen hauswirtschaftlichen, betreuenden (zum Beispiel spazieren gehen) und grundpflegerischen (Körperpflege) sowie direkt fachpflegerischen Aufgaben ist häufig fließend. Diese Form der Beschäftigung ist aufgrund der in vielen Fällen fehlenden vertraglichen und sozialversicherungsrechtlichen Absicherung problematisch.19

Die Quote an Missbräuchen und die Probleme in der Pflege sind signifikant und immer mehr auch Thema in der Pflegeberatung. Gegen eine legale Beschäftigung ist nichts einzuwenden und sie kann auch durch eine fundierte Beratung sichergestellt werden.

Formen der legalen Beschäftigung von ausländischen Haushaltshilfen

Für die reguläre Beschäftigung ausländischer Haushaltshilfen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die im Folgenden kurz dargestellt werden. Dabei muss mit einem Kostenrahmen von ca. 1.200 bis 2.300 Euro Brutto zzgl. Unterkunft und Verpflegung gerechnet werden.

Entsendung von Mitarbeitern durch ein ausländisches Dienstleistungsunternehmen: Der Pflegebedürftige bzw. seine Angehörigen schließen einen Dienstleistungsvertrag mit einem ausländischen Arbeitgeber ab, der eine Haushaltshilfe im Rahmen der EU-Dienstleistungsfreiheit für maximal 12 Monate nach Deutschland entsendet.43 Sozialversicherungsausgaben und Steuern etc. werden dabei im Herkunftsland entrichtet. Bei der Inanspruchnahme einer solchen Vermittlung ist sicherzustellen, dass es sich um eine entsendefähige Firma handelt. Zudem ist zu beachten, dass bei dieser Form der Beschäftigung kein direktes Arbeitsverhältnis vorliegt; der Auftraggeber, d.h. in diesem Falle die Familie, entrichtet einen Lohn an das ausländische Unternehmen, das wiederum seine Mitarbeiter bezahlt. Es besteht demnach auch kein direktes Weisungsrecht der Haushaltshilfe gegenüber: Änderungen bzgl. der Versorgung, Beschwerden etc. müssen über das ausländische Unternehmen erfolgen.

Vermittlung über Agenturen: Mittlerweile haben deutsche Vermittlungsagenturen diesen Markt erkannt und bieten ihre Unterstützung bei der Vermittlung der ausländischen Haushaltshilfe an, indem sie häufig die komplette Abwicklung übernehmen (u.a. den Kontakt zur selbstständigen Haushaltshilfe oder dem ausländischen Unternehmen herstellen, den Vertrag aufsetzen und die An- und Abreise organisieren). Dafür wird ein Beratungshonorar fällig.

Selbstständigkeit: Einige der nach Deutschland kommenden Haushaltshilfen haben sich in ihrem Herkunftsland als Einzelunternehmer selbstständig gemacht und bieten ihre Dienstleistung im Ausland an. Im Herkunftsland entrichten sie Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge. Zwischen dem Auftraggeber und der selbstständigen Haushaltshilfe wird ein Dienstleistungs- oder Werkvertrag nach §631 BGB geschlossen. Dabei muss die Haushaltshilfe eine Gewerbenummer haben und nachweisen, dass sie auch für andere Auftraggeber arbeitet. Ist dies nicht der Fall kann das Arbeitsverhältnis in Deutschland als eine Form der Scheinselbstständigkeit gewertet werden und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Vermittlung von Haushaltshilfen über die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung: Seit 2005 vermittelt die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit mittel- und osteuropäische Haushaltshilfen aus EU-Ländern in deutsche Privathaushalte. Die Haushaltshilfen werden in diesem Modell durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages und der Entrichtung von Sozialabgaben bis zu drei Jahren regulär in einem deutschen Haushalt mit Pflegebedürftigem angestellt.44

Doch oft sind es keine fairen Rahmenbedingungen, unter denen die zumeist osteuropäischen Frauen in Deutschland arbeiten. Dabei gilt es die Interessen und Wünsche beider Seiten zu berücksichtigen.

Insbesondere müssen die Frauen in Deutschland angemessen bezahlt (Mindestlohn!) und sozial- und krankenversichert werden. Daneben müssen die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Dazu zählt, dass es sich bei der sogenannten 24-Stunden-Pflege nicht um eine Rund-um-die-Uhr Betreuung handeln darf. Rechtlich vorgeschrieben sind eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden und die Einhaltung einer täglichen Mindestruhezeit von elf Stunden. Außerdem wird ein freier Tag pro Woche gewährleistet.

„Für diese Frauen stellt die häusliche Betreuung von Pflegebedürftigen in Deutschland oft die einzige Erwerbsmöglichkeit dar. Sie verlassen ihre eigene Familie, um eine Tätigkeit im Ausland aufzunehmen.“45

„Als wichtige Frage hinsichtlich der Folgen stellt sich die der Versorgung von Alten und Kranken in der Familie im Herkunftsland und die immer schwierige Trennung von der Familie. Studien zeigen aber, dass die Frauen versuchen, eine Kontrolle des Familienlebens und der Budgets aus der Ferne zu behalten. Sie entwickeln eigene Bewältigungsstrategien wie transnationale Mutterschaft. Das bedeutet entsprechende Arrangements für die Kinder in der Heimat.“46

„Wie viele Menschen derzeit tatsächlich in Deutschland als Betreuungskräfte arbeiten, kann nur geschätzt werden, da die meisten mehrmals im Jahr zwischen Deutschland und ihrem Heimatland pendeln. Viele wechseln alle vier, sechs oder acht Wochen zwischen Arbeitsplatz und Heimatland. Die Zahlen schwanken zwischen 100.000 – 400.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gesicherte Statistiken darüber gibt es nicht.“47


43 Im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ist es möglich für einen vorübergehenden Zeitraum seine Dienstleistungen im Ausland anzubieten, eine gesonderte Arbeitserlaubnis ist hierfür nicht nötig.

44 Neuhaus, Andrea/Isfort, Michael/Weidner, Frank, 2009: Situation und Bedarfe von Familien mit mittel- und osteuropäischen Haushaltshilfen. Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V., S. 28f.

45Caritas, verfügbar unter: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ ratgeber/alter/ Pflegeundbetreuung/haushaltshilfen-legal-beschaeftigen, Stand: 18.07.2016

46 Projekt Cosmobile Haushaltshilfen von INVIA Diözese Freiburg in der Bahnhofsmission Karlsruhe (2011 – 2013)

47 Verbraucherzentrale NRW, verfügbar unter: http://www.verbraucherzentrale.nrw/betreuungskraefte, Stand 10.08.2016


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Derzeit sind ungefähr in 1.500 Haushalten des Landkreises Haushaltshilfen überwiegend aus Osteuropa tätig sind. Diese Zahl beruht auf Schätzungen, die der Pflegestützpunkt mit den Ambulanten Pflegediensten erstellt hat. Ob diese Arbeitsverhältnisse legal sind, kann nicht beurteilt werden.

In Anbetracht und im Vergleich zu ca. 2.600 „klassischen“ Pflegehaushalten wird die Dimension, Bedeutung und auch Notwendigkeit dieser Angebotsform deutlich.


17 Von der Malsburg, Andrea/Isfort, Michael, 2014: Haushaltsnahe Dienstleistungen durch Migrantinnen in Familien mit Pflegebedürftigkeit. 24 Stunden verfügbar – Private Pflege in Deutschland, in: WISOdirekt, S. 1

18 Neuhaus, Andrea/Isfort, Michael/Weidner, Frank, 2009: Situation und Bedarfe von Familien mit mittel- und osteuropäischen Haushaltshilfen. Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V., S. 46.

19 Von der Malsburg, Andrea/Isfort, Michael, 2014: Haushaltsnahe Dienstleistungen durch Migrantinnen in Familien mit Pflegebedürftigkeit. 24 Stunden verfügbar - Private Pflege in Deutschland, in: WISOdirekt, S. 2.

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